Kleiner Überblick über die Siedlungsgeschichte in der Umgebung von Zagorow

 

Wohl ab dem Jahre 1740 kamen die ersten deutschen Siedler evangelischer Religion ( Hauländer oder Holländer ) in das nur wenig bevölkerte „Kalischer Land“ um dort sesshaft zu werden. Der polnische Adel in Form der Gutsbesitzer erkannte den Fleiß & die Tüchtigkeit dieser Menschen im Vergleich zu den damaligen polnischen Leibeigenen und reagierte positiv.

Schon im Jahre 1746 ( urkundlich ) begann der Besitzer des Gutes Trombczyn, Paul von Kolno-Prusinski deutsche Bauern ( wahrscheinlich schlesischer Herkunft ) auf dem Gelände der Gemeinde Trombczyn in den südlich gelegenen Wäldern und Wüstungen anzusiedeln. Es wurde ein Erbachtvertrag mit den Siedlern geschlossen und der neu angelegt Ort Lazinsk Holendry genannt. Es handelt sich bei dieser Ansiedlung nicht um ein Dorf mit geschlossenem Ortskern, sondern um eine weit ausgedehnte Siedlung, wo die einzelnen Höfe jeweils mehrere 100 Meter auseinander lagen - dies kann man auf historischen Karten deutlich erkennen.

Noch vor 1800 kam es zur Gründung weiterer Siedlungen u.a.  Holendry Wrombczynskowski, Holendry Drzewec.

 

Im Jahre 1793, nach der 2. Polnischen Teilung fiel das gesamte Kalischer Land an Preußen und es wurde ein neuer Landesteil mit der Bezeichnung Südpreußen (1793 – 1805) geschaffen. Alle staatlichen, adligen und kirchlichen Güter wurden beschlagnahmt und hinterher auf  Veranlassung des schlesischen Ministers Hoym aufgeteilt um sie an „verdiente Männer“ weiterzuverschenken. Im Genaral-Tableau der 1794 – 1798 verschenkten ehemaligen polnischen Güter ( oder der Schwarzen Liste ) findet man zahlreiche Güter, welche der Genaral-Lieutnant Friedrich Ludwig Fürst von Hohenlohe-Oehringen ( Ingelfingen ) aus Breslau im Jahre 1797 geschenkt bekam. Es handelte sich um 7 Städte bzw. Güter im Kreis Meseritz und 5 Güter im Raum Zagorow ( Trombczyn, Nowa-Wies, Oswiery, Lazy & Szlewek ). Der Gesamtwert der dem Prinzen geschenkten Güter betrug ca. 800.000 Taler und brachte ihm jährlich 50.000 Taler ein.

Da sich der Prinz in dieser Gegend nicht wohl fühlte, verkaufte er von seinen insgesamt 250 Hufen ( = 3829,5 Hektar ) im Raum Zagorow die Hälfte an Karl Gottlieb Weigel, welcher Grundherr von Kopoyno wurde und die restlichen 100 Hufen ( = 1531,8 Hektar ) wurden für Siedlungszwecke bestimmt.

Ab dem Jahre 1804 entstanden folgende Siedlungen, welche nach den Namen der Kinder des Prinzen Hohenlohe-Ingelfingen benannt wurden. Alle diese Ortschaften behielten ihre Namen bis zum Jahre 1891.

Der Prinz war verheiratet mit Amalie Gräfin von Hoym z. Droyssig und hatte folgende Kinder:

1) Friedrich August II Karl Fürst zu Hohenlohe-Oehringen, *27.11.1784 Breslau

2) Adelheid Sophie Luise Prinzessin zu Hohenlohe-Ingelfingen, *20.01.1787 Breslau

3) Louise Sophie Amalie Prinzessin zu Hohelohe-Ingelfingen, *20.11.1788 Breslau

4) Wilhelm Ludwig Eduard Prinz zu Hohenlohe-Ingelfingen, *18.12.1789 Breslau

5) Augusta Charlotte Friederike Sophie Amalie Prinzessin

    zu Hohenlohe-Ingelfingen, *16.11.1793 Walluf

6) Ludwig Karl Prinz zu Hohenlohe-Ingelfingen, *16.11.1794 Ingelfingen

7) Adolf Karl Friedrich Ludwig Prinz zu Hohenlohe-

    Ingelfingen, Graf von Gleichen, *21.01.1797 Breslau

8) Alexander Ludwig Karl Heinrich Prinz zu Hohenlohe-

    Ingelfingen, *03.07.1798 Altscheidning

Hier die vom Prinzen gegründete Ortschaften:

     1)     Adelhof = Chrusciki                                   ( ev. von Kind 2 )

2)     Adolfsberg = Zalesie                                   ( ev. von Kind 7 )

3)     Augustinhof = Augustynow                         ( ev. von Kind 1 )

4)     Emilienheim = Michalinow gm. Olesnica       ( ? )

5)     Friedrichsfeld = Tarszewo                           ( ev. von Kind 1 oder 7 )

6)     Ingelfingen = Anielewo                                ( vom Nachnahmen )

7)     Ludwigslust = Maly Las                              ( ev. von Kind 6 )

8)     Sophienthal = Olchowo                               ( ev. von Kind 3 )

 

Jedoch erfolgte die Ansiedlung der Bauern nicht wie üblich durch die staatlich unterstützte Südpreußische Kolonisation im Kammer-Department Posen, sondern war das Ergebnis privater Aktionen des Prinzen.

 

-         auf dem Gebiet des Gutes Trombczyn entstanden die Kolonien Lazinsk, Trombczynska Huta & Michalinow gm. Trombczynska.

-         auf dem Gebiet des Gutes Kopoyno entstanden Adelhof, Adolfsberg, Augustinhof, Emilienheim Friedrichsfeld, Ingelfingen Ludwigslust, Sophienthal & Wrombczyn.

-         auf dem Gebiet des Gutes Pietrzykow entstand Wrombczynskowska Holendry

-         auf dem Gebiet des Gutes Ciazen entstanden Ciazenskie Holendry, Dabrowa Holendry und Borki Holendry

 

In der deutsch verfassten Gründungsurkunde von Emilienheim aus dem Jahre 1805 heißt es: „ Namen und Grenzen der Ländereien werden festgelegt und erklärt, dass sie auf immerwährende Zeiten den Hauländern in Erbpacht gegeben werden. Das Einkaufsgeld beträgt nicht einen Heller, denn es ist wüstes mit Holz bewachsenes Land, welches erst gerodet werden muß.“

 

Auch westlich von Zagorow gab es deutsche Kolonien oder Ansiedlungen von Deutschen wie z.B. Peisern =  Holendry Pyzdry gegr. 1770, Ciemierow, Lisewo, Ciazen, Koszylewska Laka

 

Bis ca. 1850 erfolgte ein stetiger Zustrom von Siedlern in das Gebiet um Zagorow, wobei die Siedler entlang der Warthe, welche sich in den Orten Sophienthal, Ludwigslust, Friedrichsfeld & Adelhof niederließen, meist märkischer Herkunft ( Neumark ) waren. Man nannte sie „Brücher“, weil die besagten Ortschaften im Warthebruch lagen. Das ist ein ca. 2 km breiter Streifen, welcher mehrmals im Jahr von großen Überschwemmungen betroffen war.

In den Orten südlich der Bruchlandschaft, welche in den ausgedehnten Waldgebieten angelegt wurden herrschte jedoch die schlesische Mundart vor. Die Siedler kamen mehrheitlich aus den Gebieten Wreschen, Neutomischel, Tirschtiegel, Krotoschin, Wohlau usw..

 

 

Am 7.12.1829 wurde auf dem Gutshof des Karl Gottlieb Weigel in Kopoyno ein Protokoll verfasst, in welchem die Gründung einer evangelischen-lutherischen Gemeinde in Zagorow beschlossen wurde. Jedoch gab es unter den einzelnen Dorfgemeinden, Entscheidungsträgern, Gutsbesitzern so große Meinungsverschiedenheiten, dass sich der Bau der Kirche noch bis zum Jahre 1882 hinzog – Grundsteinlegung war am 08.05.1878.

Die Gemeinde bestand seit dem Jahre 1843 und wurde vom Pastor Orive aus Grodziec betreut. Entsprechende Kirchenbücher existieren auch ab 1843 und sind vollständig erhalten geblieben.

In verschiedenen Ortschaften rund um Zagorow und in Zagorow selbst existieren katholische Kirchen schon seit dem 17. Jahrhundert. Auch in den dortigen Kirchenbüchern findet man viele Einträge von deutschen Siedlern bis zum Jahre 1842.

 

 

 

 

Nachtrag:  Begriffserklärung Hauländer oder Holländer:

 

In der Gegend von Zagorow, Konin und Grodziec entstanden um 1800 viele kleine Dörfer, die den Namen „Holendry“, „Holendrach“, „Olendry“ oder gar „Oledry“ als Namenszusatz trugen. Diese Ortsnamen wurden ursprünglich für Holländersiedlungen in weiter nördlich gelegenen Gebieten benutzt, später jedoch für alle Siedlerkolonien, welche nach „holländischem Vorbild“ entstanden sind.

Zur damaligen Zeit  wurden auf Veranlassung polnischer Adliger und Grundbesitzer Siedler ins Land gerufen und in freiwilliger Übereinkunft Erbpachtverträge geschlossen. In regelrechten Werbeaktionen wurden Zettel in deutschen Landen verteilt und Bauern mit großen Versprechungen und besonderen Freiheiten angelockt. Sie besaßen besondere Privilegien wie z.B. die Religionsfreiheit, das Recht zur Weitervererbung des gepachteten Landes oder zum Wegzug in andere Gegenden. Diese Rechte standen den polnischen Bauern nicht zu.

Die deutschen Siedler haben den alteingesessenen polnischen Bauern, die meist auf den guten, lehmhaltigen Böden saßen kein Land weggenommen, sondern besiedelten als Rodungsbauern bisher ungenutzte Wald- und Ödlandflächen. Mit Axt & Spaten drangen die Siedler immer tiefer in die ihnen zur Verfügung gestellten Waldflächen vor und machten diese urbar. Das gepachtete Land wurde nach und nach unter großen Entbehrungen in Nutzland umgewandelt und bescherte den fleißigen Bauern im Laufe der Jahrzehnte ein besseres Leben.

Ursprünglich waren es im 17. Jahrhundert Menschen aus Holland, die in der oben beschrieben Art das unberührte Land urbar machten. Die große Siedlungswelle der Holländer ging von der Niederelbe über den Fläming bis zur Weichselniederung. Dann setzte sie sich über
die “Porta prussica“ an der Weichsel bei Fordon in der Gegend von
Graudenz, Schwetz, Kulm und Thorn fort, um schließlich bei Schulitz im
Jahre 1594 das Posener Land zu erreichen. Insbesondere wurden die
breiten Täler der Weichsel, Netze, Warthe und Obra und die kujawische
Seenplatte besiedelt, ferner die waldigen Sumpfgebiete im Westen des
Posener Landes, wozu insbesondere Obornik auch gehörte. Schließlich sind
zu erwähnen die Waldgebiete von Wollstein und Neutomischel, die Urwälder
und Ödländereien nördlich von Posen, im Kalischer Land und im Gostyniner Gebiet.

 

Im Gebiet um Zagorow, Konin & Grodziec entstanden Hauländereien mit folgenden Namen:

 

a)     Zagorow: Holendry Wrombczynskowski, Holendry Drzewec, Lazinsk Holendry, Pyzdry Holendry

b)    Konin: Holendry Brzezinski, Holendry Slawsk, Holendry Wenglew

 

 



 

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